Aktuelles
13.07.15 Kaufmann fährt am Nürburgring auf Rang 3
Gruppe H Podiumsplatz in der VLN, aber Befürchtungen über die Entwicklung des Motorsports am Nürburgring übertünchen die Freude.
Schnell erzählt ist der sportliche Teil des vierten Laufes zur Langstreckenmeisterschaft VLN am Nürburgring. Im Zeittraining stellte Wolfgang Kaufmann den GTW Porsche 996 GT3 R von Ralf Weiner mit einer Zeit von 8.41,747 Minuten auf die Pole Position der Wertungsgruppe H. Im Rennen selbst lief es zunächst wie geschmiert, bis es Probleme mit den Instrumenten gab. Dabei schmerzte insbesondere der Fakt, dass die Geschwindigkeit des Porsche nicht mehr korrekt angezeigt wurde. Schmerzlich deshalb, da es seit dem zweiten VLN Lauf einige geschwindigkeitsbeschränkte Abschnitte auf der Nordschleife gibt. Genau dies wurde dem Team Weiner / Kaufmann dann auch zum Verhängnis. In einer „Code 60“ Zone, erlaubt waren also 60 Km/h, wurde Kaufmann mit 72 Km/h gemessen. Es folgte eine 45 Sekunden Zeitstrafe. Nach vier Stunden Renndauer sollte am Ende ein dritter Platz in der Gruppe H für das Duo herauskommen.
Doch das Rennergebnis interessierte Rennprofi Wolfgang Kaufmann nicht mehr wirklich. „Die nach dem Unfall beim ersten Saisonlauf getroffenen Maßnahmen und die daraus resultierenden Folgen auf der Rennstrecke führen den Motorsport ad absurdum“, so Kaufmann nach dem vierten Lauf. „Die Einführung von Tempolimits auf einer Rennstrecke (!) sind nur schwer begreiflich und haben auch nicht auf jeden Teilnehmer die gleichen Auswirkungen. Für die großen Werke ist es einfach. Ihre hochmodernen GT3 Renner sind mit Elektronik vollgestopft, da wird dann einfach ein Tempobegrenzer programmiert. Aber was sollen die vielen kleinen Teams, sofern sie nicht schon aufgegeben haben, machen. In manchen Autos gibt es keine Speelimiter, oft auch nur sehr kleine Displays. Dazu kommt, dass man schon bei unterschiedlichen Reifentypen, Slicks oder Regenreifen, andere Abrollumfänge und damit Geschwindigkeiten hat.“
Ein Punkt im VLN Reglement fiel Kaufmann besonders am vergangenen Wochenende auf. „Warum muss ich mit einem H4 Porsche in der letzten Startgruppe losfahren? Wir sind ziemlich deutlich die schnellsten Autos in dieser Gruppe und fahren Zeiten im Bereich der SP7 und SP8 Fahrzeuge, die in der ersten Startgruppe sind. Während die aber vorne zunächst relativ frei wegfahren können, müssen wir erst durch das ganze Feld durch. Ich habe überhaupt kein Problem mit den kleineren Autos, ohne sie wäre es keine VLN, aber uns bremst das ein. Warum dürfen wir nicht auch in die erste Startgruppe?" fragt der Molsberger.
Neben der rein technischen Frage dieses Aspekts sieht Kaufmann vor allem die Gefahr auf der Strecke dabei: „In einigen Abschnitten soll ich jetzt, vielleicht mitten in einem Zweikampf, auf meinen Gegner achten, dazu noch auf langsamere und schnellere andere Autos und dabei zusätzlich den Tacho im Auge behalten. Das ist doch Wahnsinn und brandgefährlich!“ Dies betrifft zum Einen die festen begrenzten Zonen wie Döttinger Höhe oder Anfahrt Flugplatz, aber auch temporäre begrenzte Zonen mit „Code 60“. „Auch da hackt es noch gewaltig von allen Seiten her“, so Kaufmann aus der Praxis. „Doppelt Gelb heißt 60 Km/h fahren aufgrund einer Gefahrenstelle. Das ist an sich auch in Ordnung. Doch oft fehlt es entweder an jeglicher Vorwarnung durch einfach gelb geschwenkte Flaggen eines Posten vorher oder wenn es diese Vorwarnung gibt, wird sie von anderen Fahrern kolossal falsch interpretiert. Wenn eine gelbe Flagge kommt gibt es Leute, die steigen vor mir ohne Grund brutal auf die Bremse und fahren 60. Obwohl das an dieser Stelle noch nicht nötig ist. Ich hatte in den vergangenen Läufen mehr als einmal diese Situationen und bin oft nur mit viel Glück dabei nicht abgeflogen.“
Das Fazit zur Situation auf der Strecke fällt vernichtend aus: „Ich bin schon viele Jahre als Profi im Rennsport, aber ich habe mich noch nie so gefährdet gefühlt wie im Moment in der VLN auf der Nordschleife. Die eigentlich zur Sicherheit eingeführten Übergangsregeln machen alles nur noch schlimmer.“
Doch nicht nur auf der Strecke geschieht einiges, was Kaufmann nur schwer nachvollziehen kann. „In einer hauruck Aktion hat der Deutsche Motorsport Bund (DMSB) eine spezielle Zulassung für die VLN und die 24h auf dem Nürburgring eingeführt, die sogenannte“ DMSB Permit Nordschleife Grade A / B“, kostenpflichtig natürlich. Die Grundidee dahinter, dass neue Fahrer nicht sofort mit den schnellsten Autos auf dieser schönsten und schwierigsten Piste fahren, ist absolut richtig und in Ordnung. Aber bei den Kriterien ist man dann doch „etwas“ über das Ziel hinaus geschossen. Wie kann es sein, dass gestandene Nordschleifenpiloten einen teuren Lehrgang machen müssen, obwohl sie nachweislich mehr Nordschleifenerfahrung haben als mancher der Instruktoren? Es gibt verschiedene Gründe, warum jemand mal zwei Jahre lang nicht am Ring fahren kann. Deswegen vergisst er doch nicht die 10 Jahre oder mehr Erfahrung vorher. Das ist absurd.“
Erste Auswirkungen dieser Regelungen beobachtet Wolfgang Kaufmann bereits im VLN Starterfeld. „Bei den Läufen 3 und 4 waren nur noch knapp über 130 Autos am Start, bei den 24-Stunden nur gut 150. Viele Teams und Fahrer wollen aus den vorgenannten Gründen nicht mehr mitmachen, wechseln die Rennserie oder hören sogar ganz auf. Durch neue Vorschriften wird es immer teurer, dazu kommt eine immer härter werdende Gangart auf der Nordschleife. Auch das macht es für die Teams und Fahrer immer unkalkulierbarer. Für die erhöhte Unfallgefahr, Tempolimits und ähnliches gibt keiner mehr das Budget aus und geht die Gefahren ein.“
Waren in VLN und 24-Stunden in den vergangenen Jahren noch Starterzahlen von 170 – 200 Fahrzeugen normal, so zeigt der Trend nun radikal nach unten. „Ein Problem sicher auch für die ausrichtenden Vereine“, schätzt Kaufmann die Situation ein. „Denn irgendwann ist auch dort die Schmerzgrenze erreicht, dass so eine Veranstaltung mangels Nennungen nicht mehr tragbar ist. Und das könnte schnell das Ende des Motorsports auf der Nordschleife sein.“
Geschrieben von: Christian Freyer




